November 2016
Die Zukunft des öffentlichen Personenverkehrs im Nordwesten Sydneys hat begonnen
Mit seinem stetigen Bevölkerungswachstum gilt der nordwestliche Bezirk Sydneys derzeit als die Region mit der höchsten Pkw-Dichte pro Haushalt in Australien. Man geht davon aus, dass in den nächsten Jahrzehnten an die 200.000 zusätzliche Einwohner in dieser Region leben werden, was eine Bevölkerung von über 600.000 allein für diese Gegend bedeutet – insgesamt hat Sydney aktuell an die 4,3 Mio. Einwohner und ist damit die bei weitem einwohnerreichste Stadt Australiens.
Um das Straßennetz der Region zu entlasten und erstmals einen zuverlässigen öffentlichen Personenverkehr zu gewährleisten, haben die örtlichen Behörden nun die Bauphase für das Projekt Sydney Metro Northwest in Angriff genommen.
Sydney Metro Northwest wird das erste vollautomatische U-Bahnsystem in Australien sein. Geplant ist die Eröffnung für die erste Hälfte 2019. Die Sydney Metro Northwest wird die wachsende Nordwest-Region Sydneys mit acht neuen Bahnstationen und 4000 Pendler-Parkplätzen versorgen. Die Züge sollen zu Stoßzeiten alle 4 Minuten verkehren, mit mindestens 15 Zügen pro Stunde, um eine Beförderung ohne Wartezeiten zu gewährleisten.
Bauprozess
Der Bauauftrag wurde Ende Juni 2013 an das Joint-Venture-Unternehmen Thiess John Holland Dragados (TJHD) vergeben. Das Projekt sieht den Bau von 15 km langen, parallelen Tunnelröhren von Bella Vista bis Epping vor, die einmal Australiens längste Bahntunnel sein werden. Im Schnitt befinden sich die Tunnel in einer Tiefe von 29 Metern – mit einer maximalen Tiefe von bis zu 58 Metern. Der ausgekleidete Tunnelinnendurchmesser wird 6 Meter betragen. Insgesamt sind vier TBMs für den Aushub der Tunneltrassen im Einsatz: TBM1 ‘Elizabeth’ und TBM2 ‘Florence’ starteten in Bella Vista und bohren 9 km weit bis Cherrybrook. TBM3 ‘Isabelle’ und TBM4 ‘Maria’ gingen in Cherrybrook auf die Strecke und bohren 6 km bis Epping. Zu erwähnen ist außerdem, dass dies das erste derartige Projekt in Australien ist, bei dem vier TBMs gleichzeitig zum Einsatz kommen.
Tunnelbaustellen wurden in Bella Vista, Showground und Cherrybrook eingerichtet. Jede der drei Baustellen ist mit Versorgungseinrichtungen wie Strom, Frischluftzufuhr, Abraumentsorgungssystemen und einer Zementmörtel-Mischanlage ausgestattet. Die Böden entlang der Strecke bestehen zu etwa 60% aus Sydney-Sandstein und im Übrigen aus Schiefer.
Während die TBMs für den Großteil der Hauptvortriebsarbeiten (die mittlerweile abgeschlossen sind) eingesetzt wurden, werden Teilschnittmaschinen für den Aushub kurzer Tunnelabschnitte verwendet, wie der Verbindung der neuen TBM-Tunnel mit den bestehenden Tunneln zwischen Epping und Chatswood, sowie für die Anlage von Kavernen, um Gleiswechsel der Züge zu ermöglichen.
Produktion der Tunnelsegmente
Während Richtungskontrolle und präzises Arbeiten der TBMs ein entscheidender Aspekt des Bauprojekts waren, bestand auch die Notwendigkeit für ein präzises Vorgehen während der gesamten Produktion und Lieferung der Tübbinge.
Zuerst mussten die passenden Tübbinge hergestellt und anschließend zur rechten Zeit an die richtige TBM geliefert werden, um einen reibungslosen Vortrieb aller TBMs zu garantieren. Außerdem war es notwendig die Tunnelkonvergenz am Standort Epping zu überwachen, um sicherzustellen, dass es nach der Installation nicht zu Verformungen oder Tunnelbewegung außerhalb der vertraglich vorgegebenen Grenzwerte kam.
Hierzu Jeremy Glasgow, Projektmanager des Kellyville-Fertigteilwerks, in dem alle Tübbinge produziert wurden: “Unser Grundgedanke war, dass wir unseren Prozess für die Tübbingproduktion und -handhabung verschlanken und das Risiko für menschliche Fehler so weit wie möglich ausschalten mussten. Angesichts der Menge an Tübbinge, die benötigt wurde (insgesamt 98244 für das gesamte Projekt), lohnte sich die Auseinandersetzung mit neuen Systemen, die nicht nur menschliche Fehler vermeiden, sondern auch die tatsächlich zu leistende Arbeitsmenge reduzieren können.”
Nach Prüfung der in Frage kommenden, angebotenen Systeme kam das Fertigbauteil-Team zu dem Schluss, dass es zwar etliche alternative Lösungen am Markt gibt, dass aber zu dem Zeitpunkt kein anderes System den gesamten Produktionsablauf so umfassend abdeckte wie das Segment Documentation System (SDS) von VMT. Nicht nur, dass SDS ein effektives Verfahren für die Vermeidung menschlicher Fehler und Reduktion menschlicher Tätigkeiten aus dem Produktions-, Lager- und Lieferprozess bietet, es erfüllte auch die Anforderung des Kunden nach Übermittlung bestimmter Daten während des gesamten Ablaufs. So beschloss man, das Projekt unter Einsatz von SDS durchzuführen.
Was man jedoch zu Beginn der Tübbingproduktion nicht ausreichend berücksichtigt hatte, war die Komplexität der Aufgabe infolge des enormen Projektumfangs, einschließlich mehrerer Bau- und Lagerplätze sowie zweier Produktionskarussells.
Um einen hohen Grad der Qualitätssicherung aufrechtzuerhalten, ist SDS mit einem beträchtlichen Datenschutz ausgestattet, damit nur befugte Personen den notwendigen Zugriff erhalten. Allerdings hatte man zu Beginn die gesamte Bandbreite und Menge des Personals, das Zugang zu den Projektdaten benötigt, nicht ausreichend in Betracht gezogen, so dass bei der Ersteinrichtung des SDS-Netzwerks die unterschiedlichen Aspekte des Prozesses nicht so optimal ineinandergriffen, wie es eigentlich möglich wäre. Man kam zu dem Schluss, dass wenn diese Anforderungen bereits in der Entwicklungsphase erkannt worden wären, sie bei der Erstauslegung hätten berücksichtigt werden können und so die anschließende zusätzliche Arbeitsbelastung vermieden worden wäre. Dank der engen Zusammenarbeit gelang es jedoch dem Projektmanagement und dem VMT-Team, diese Hindernisse erfolgreich zu überwinden.
Matt Jarvis von VMT TG erläutert: “Dieses Projekt hat uns gezeigt, welch eine Herausforderung es sein kann, alle Erfordernisse für das Funktionieren eines Systems auf einer so komplexen Baustelle wie dieser vorauszusehen, und wie wichtig es ist, im Vorfeld die richtigen Leute einzubeziehen und die richtigen Fragen zu stellen. Dieses Projekt hat auch deutlich gemacht, dass VMT nicht einfach ein System verkauft und die Angelegenheit damit als erledigt betrachtet. Sobald die anfänglichen Schwierigkeiten behoben waren, lief SDS sehr gut. Sowohl unser Kunde als auch das VMT-Team, können stolz sein auf den gemeinsamen Einsatz, der dafür gesorgt hat, dass die Sydney Metro Northwest ihr Ziel in Sachen Tübbingproduktion und -installation während des Tunnelvortriebs erreicht hat.”
Für die VMT GmbH stellt Geschäftsführer Manfred Messing fest: “Das Projekt Sydney Metro Northwest gehört zu denen, die es schaffen, uns trotz langjähriger Erfahrung mit den verschiedensten Aspekten des Tunnelbaus immer noch wichtige Lektionen für die Zukunft in Sachen Netzwerkkonnektivität und Zugänglichkeit beim relativ neuen SDS zu erteilen. Die Tatsache, dass unser Produktions- und Logistik-Managementsystem SDS schlussendlich unserem Kunden das bieten konnte, was er brauchte, unterstreicht sowohl die Flexibilität dieser Systemlösung auch bei sehr großer Projektkomplexität als auch die Fähigkeit unseres Teams, das System falls nötig auf die Projektbedürfnisse und -gegebenheiten anzupassen.”
Weitere Informationen zum SDS-System finden Sie hier: sds.vmt-gmbh.de
Die Teamarbeit führte zum Ziel
Hinsichtlich des Betriebs von SDS auf der Baustelle konstatiert Jeremy Glasgow: “Software-Auswahl und Erstinstallation waren sehr gut. Auch der Support im weiteren Projektverlauf war grundsätzlich sehr gut, nur gab es aufgrund von Problemen mit der Konnektivität auf beiden Seiten Frustration. Man muss berücksichtigen, dass die Installation von SDS mit starker Ausrichtung auf die Qualitätssicherung erfolgte. SDS kann für verschiedenste Anforderungen konfiguriert werden, man muss nur darauf achten, dass die gewünschten Hauptschnittstellen schon früh in der Planungsphase besprochen werden, damit Zusammenarbeit und Konfiguration gelingen.”
Trotz der Notwendigkeit, die Ersteinrichtung zu modifizieren, war der Kunde letztlich sehr zufrieden mit dem Ergebnis, das ihm SDS lieferte. Auf die Frage an Jeremy Glasgow, ob er SDS von VMT für zukünftige Projekte empfehlen würde, war seine Antwort: “Ja, auf jeden Fall.”
Deformationsmonitoring
Zur messtechnischen Erfassung von Tunnelkonvergenzen am Standort Epping verwendete TJHD eine innerbetriebliche Software-Lösung für die Anzeige und Datenmeldung. Um jedoch die Daten im Feld zu erhalten, wünschte man sich eine einfache automatisierte Hardware-Lösung.
Deswegen hat Dr. Sascha Schneid vom Produktmanagement der VMT GmbH basierend auf dem TUnIS Deformationsmonitoring Softwaresystems von VMT eine „Light Version“ für diesen Kundenanspruch entwickelt. Die Einrichtung erfolgte mit einer TM30 Totalstation, was die Vorzüge von hochwertiger Instrumentierung, Steuerkasten und gehostetem Webserver unter Beweis stellte.
Das Deformationsmonitoring in Epping unterstützt die Evaluation und Ermittlung geometrischer Veränderungen in der Tunnelstruktur, das System kann jedoch für verschiedenste Überwachungsanwendungen eingesetzt werden. Im Einflussbereich sind Sensoren installiert, deren Messwerte laufend analysiert werden. Wenn und falls kritische Veränderungen eintreten, werden automatisch Warnungen und Alarmmeldungen (E-Mail, SMS-Nachricht usw.) an das für die Überwachung des Standorts zuständige Personal ausgegeben, damit sofortige Maßnahmen ergriffen werden können. In Epping sind Prismen an den Tunnelwänden installiert, mit denen das TUnIS-System jede Bewegung im Innern erkennt und überwacht. Die verarbeiteten Daten werden im CSV-Format an den FTP Server des Kunden exportiert, wo sie umfassend analysiert werden. Für den Tunnelstandort Epping von Sydney Northwest wird das Deformationsmonitoring Ende 2016 gestartet.
Neben dem eigentlichen System sorgte VMT auch für die “Qualitätskontrolle und Wartung”, was als Minimum einen wöchentlichen Bericht über den Systemstatus beinhaltet. Dies gibt dem Kunden die Sicherheit, dass sein System korrekt arbeitet. Die VMT Ingenieure erkennen etwaige Fehler oder Schwächen bei der Genauigkeit des Überwachungssystems, so dass das Projektteam schnell reagieren kann.
Schlussendlich lieferte das System ein kostengünstiges, wartungsarmes und hochleistungsfähiges Konzept, das allen Anforderungen des Kunden gerecht wurde.