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2018

10. Projektdialog Microtunnelling – volles Haus in Ettlingen

Der Projektdialog Microtunnelling war in diesem Jahr eine Jubiläumsveranstaltung. Das 10. Mal bestätigte: Die Veranstaltung hat nichts von ihrer Attraktivität und Anziehungskraft in der Branche verloren.

Wir danken allen Referenten und Teilnehmern für einen erfolgreichen 10. Projektdialog Microtunnelling 2018!

Ein Artikel von Artur Graf zu Eulenburg Chefredakteur B_I umweltbau:

Den Veranstaltern und Initiatoren ist es in den 10 Jahren sehr schnell gelungen, den Projektdialog in Ettlingen neben der Vortriebsveranstaltung in Nürnberg, zum wichtigsten Treff der Vortriebsbranche in Deutschland mit Strahlkraft über die Grenzen hinaus zu entwickeln. Ausgebucht war der Projektdialog in den letzen Jahren schon immer. Der Verzicht auf die Tische in den Stuhlreihen schaffte noch einmal zusätzlichen Platz in der Buhlschen Mühle und ermöglichte zum Jubiläum einen erneuten Anmelderekord von 150 Teilnehmern, und trotzdem gab es auch in diesem Jahr eine Warteliste mit Interessenten, die nicht berücksichtigt werden konnten.

Was ist das Rezept für diese Erfolgsgeschichte? Da spielen sicher unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Es gab und gibt offenbar einen Bedarf in der Branche nach einem solchen Forum für den Informations- und Erfahrungsaustausch. Der Ort und das Ambiente sind gut ausgewählt und im Hintergrund macht das Organisationsteam einen sehr guten Job. Wichtig aber auch: Der Projektdialog wird mit VMT und Jackcontrol von zwei Firmen ausgerichtet, die nie der Versuchung unterlegen sind, das Programm an vertrieblichen Interessen auszurichten. Im Mittelpunkt steht, das Bauverfahren Microtunnelling in all seinen Facetten weiter nach vorn zu bringen – auch und gerade mit einer manchmal bemerkenswert offenen Thematisierung von Schwierigkeiten und Problemen. Die hohen Teilnehmerzahlen von Beginn an und erst recht in den letzten Jahren sind das beste Zeugnis für das Gelingen dieses Konzeptes.

 

Hoher Besuch

Eingeleitet wurde die Jubiläumsveranstaltung von Dr. Martin Herrenknecht, der aus den Anfängen eines kleinen Startups mit seinen Maschinen, seinem Equipment, mit seinen Verfahrenstechniken und mit seinem Namen das grabenlose Verlegen von Leitungen und den Bau von Tunneln weltweit geprägt hat.

Der Vorstandsvorsitzende der Herrenknecht AG nahm die Zuhörer mit auf eine Weltreise des Tunnelbaus, gespickt mit Anekdoten und eingebettet in weltpolitische Einschätzungen, die sich stützen auf die eigenen Erfahrungen auf dem Weltmarkt und auf seine Kontakte in die Politik bis hinauf zu diversen Staats- und Regierungschefs. In diesem Zusammenhang warnte Herrenknecht vor den Expansionsbestrebungen Chinas, die auch den Tunnelbau erfasst haben, und er mahnte angesichts der weltpolitischen Veränderungen die Geschlossenheit der Europäer an.

 

Technik…

Zum Auftakt der Fachvorträge stand eines der jüngsten Verfahren aus dem Hause Herrenknecht im Mittelpunkt. E-Power Pipe wurde für die grabenlose Erdverlegung von Höchstspannungskabeln entwickelt und kam im Frühjahr 2017 in Borken im Rahmen eines Pilotprojektes erstmals zum Einsatz. Die Baustellenpraxis lieferte wertvolle Hinweise zur weiteren Optimierung des Systems und hierzu gehörte auch die Vermessungs- und Navigationstechnik. Torben Hähnle, Produktmanager Mircotunnelling bei VMT, berichtete über die bei E-Power Pipe realisierte Kombination des in der gesteuerten Horizontalspülbohrtechnik etablierten elektromagnetischen Vermessungssystems Paratrack und einem im Bohrkopf installierten Kreiselkompass. Das intelligente Zusammenspiel dieser beiden Systeme wird auf der Plattform für Navigationssoftware Tunis realisiert und ermöglicht die Navigation mit der für E-Power Pipe geforderten Genauigkeit und Transparenz.

Dr. Stefan Trümpi-Althaus informierte die Teilnehmer über die Weiterentwicklung der hydraulischen Fuge von Jackcontrol. Die neue Version vereinfacht und optimiert die Befestigung des Hydraulikschlauches am Vortriebsrohr.

Für mittlere Kurvenradien und anspruchsvolle Vortriebe hat Jackcontrol sein Produktspektrum an Druckübertragungsmitteln für den Rohrvortrieb um den patentierten elastischen Druckausgleichsring Edar erweitert. Das reversible Verhalten des Ringes aus einem beständigen Elastomer führt zu Vorteilen gegenüber konventionellen Druckübertragungsmitteln. Edar erhöht die zulässigen Vortriebskräfte und sorgt für eine permanente Abdichtung der Rohrverbindung im eingebauten Zustand.

 

… und Projekte

Vier anspruchsvolle Vortriebsprojekte aus Deutschland und der Schweiz boten eindrucksvolle Einblicke in die Vortriebspraxis und den Umgang mit den speziellen Herausforderungen dieser Baustellen:

 

Berlin

Christian Korndörfer von der Wayss & Freytag Ingenieurbau AG berichtete über die derzeit größte und spektakulärste Vortriebsbaustelle in Berlin: Unter dem Mauerpark entsteht im Auftrag der Berliner Wasserbetriebe ein Stauraumkanal von bemerkenswerten Ausmaßen. 7,4 Millionen Liter Mischwasser sollen darin bei Starkregen geparkt werden, um nicht sie ungeklärt in Spree und Panke abschlagen zu müssen. Eine Investition in Umweltschutz und Gewässerqualität und eine Großbaustelle in zentraler Großstadtlage mit erheblichen logistischen Herausforderungen. Zu denen gehörte nicht zuletzt der Transport der 218 drei Meter langen Rohre mit einem Außendurchmesser von 4500 Millimetern und einem Gewicht von 32 Tonnen vom Herstellerwerk in Badeborn über 240 Kilometer durch drei Bundesländer auf die Baustelle. Wechselnde Baustellen auf den Verkehrswegen und damit verbundene nicht planbare Durchfahrverbote sorgten immer wieder für Verzögerungen bei der Anlieferung der Rohre.

 

Lubmin

Ralf Wilhelm von der Züblin AG nahm die Zuhörer mit nach Mecklenburg-Vorpommern an die Ostseeküste. Während politisch über das Projekt nach wie vor gestritten wird, laufen die Arbeiten zum Bau der zweiten Ostseepipeline, der Nordstream 2, bereits auf Hochtouren. Hierzu gehören zwei Rohrvortriebe in Lubmin, die nötig waren, um den Übergang der Pipeline vom Meeresboden auf das Festland herzustellen. Auf einer Länge von 700 Metern unterqueren die beiden parallelen Vortriebe den Küstensaum. Die Verwendung von speziellen Schwergewichtsrohren, um ein Aufschwimmen des Rohrstranges zu verhindern, sowie die Bergung der beiden Tunnelbohrmaschinen vom Meeresgrund waren interessante Aspekte dieser insgesamt nicht alltäglichen Baustelle.

 

Bern

Von der Ostseeküste ging es in die Schweiz. In Bern investiert die SBB AG in erheblichem Umfang, um die Schiene als zuverlässigen und leistungsfähigen Verkehrsträger zukunftsfähig zu machen. Dies bedeutet nicht nur Maßnahmen an der Oberfläche, auch die unterirdische Infrastruktur muss den veränderten Gegebenheiten angepasst werden. Das heißt im Fall des Projektes „Entflechtung Wylerfeld“ konkret: Rohrvortrieb auf dem Bahngelände, Unterquerung von Gleisanlagen, wechselnde Baugrundverhältnisse, Arbeiten unter laufendem Betrieb und die Unterfahrung eines auf Frankipfählen gegründeten Gebäudes mit extrem geringem seitlichem Abstand zu den Pfählen.

Wie wichtig bei so einem komplexen Projekt das Zusammenspiel von technischem Know-how und partnerschaftlicher Zusammenarbeit der Projektbeteiligten für eine erfolgreiche Umsetzung ist, dies stand im Mittelpunkt des Vortrages von Pascal Breitenmoser von der SBB AG als Auftraggeber und Günther Gruber von der ausführenden Braumann Tiefbau GmbH aus Österreich. In Anbetracht der Herausforderungen und der vorhandenen Unwägbarkeiten sei es notwendig, gemeinsam nach Problemlösungen zu suchen, gemeinsam Entscheidungen zu treffen und diese Entscheidungen auch gemeinsam zu verantworten, so die Kernbotschaft des Vortrages. Anders sei ein solches Projekt nicht zum Erfolg zu führen.

 

Zug

Im letzten Vortrag stellten Marc Reinhard von der BG Ingenieure und Berater AG und Thomas Platten von der Sonntag Baugesellschaft ein Projekt aus dem schweizerischen Zug vor. Hier geht es um eine Optimierung der Entwässerungssituation mit dem Ziel, Gewässerqualität und Hochwasserschutz zu verbessern und zusätzlich die Nutzung regenerativer Energie zu verstärken. Hierzu waren Rohrvortriebe DN 1600 und DN 2000 in fünf Haltungen mit einer Gesamtlänge von 2800 Metern in der Stadt aufzufahren.

Auch in Zug stellten die Baugrundverhältnisse, die beengten Platzverhältnisse im Stadtgebiet und in die ursprünglich geplante Trasse hereinragende Anker besondere Herausforderungen für die Planung und die Ausführung dar. Unter dem Strich musste teilweise während der Ausführung umprojektiert werden. Zwischenzeitlich blockierten Hindernisse aus Stahl das Schneidrad der Vortriebsmaschine. Ein Einstieg unter Druckluft und der Versuch, die Hindernisse von der Maschinenseite aus zu beseitigen, hatten keinen Erfolg, so dass letztlich nur die Möglichkeit blieb, von der Oberfläche aus über eine Grube die Stahlteile aus dem Boden und der Vortriebsmaschine zu entfernen. Auch bei diesem Projekt, so betonten die Referenten, sei das vertrauensvolle Miteinander der Projektbeteiligten ein wesentlicher Faktor gewesen, dieses Vorhaben mit Erfolg abschließen zu können.

 

Die Vorträge boten viele Ansätze für Diskussionen und Gedankenaustausch, der sich beim gemeinsamen Abendessen wieder bis in die frühen Morgenstunden hinzog. Dabei war immer wieder positive Resonanz auf die inhaltliche Qualität und das Konzept der Veranstaltung zu hören. Und es war schon Vorfreude auf den 11. Projektdialog zu vernehmen. Manch einer wartet schon auf die Ankündigung des Termins, um sich schnell anzumelden. Den von einem kann man sicher Ausgehen: Die Buhlsche Mühle wird für diese Veranstaltung wieder schnell ausgebucht sein.

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